Sonntag, 25. September 2011

No. 6 – Konfuzius sagt: Denn wir sind Mongolen (Ha, Ha, Ha, Ha, Ha) Und der Teufel kriegt uns früh genug! ... oder so ähnlich

Und plötzlich wie aus dem nichts, ist wieder eine Woche vergangen. Ich weiß nicht genau, ob es daran liegt, dass ich von Europa und den USA ausgesehen, in der Zukunft lebe oder meine Tage hier verplanter sind als in Deutschland. Denn ich habe das Gefühl, dass die Zeit schneller voran geht. Mittlerweile ist so etwas wie Alltag eingekehrt und trotzdem fühlt es sich so an, als ob ich einmal blinzle und 24 Stunden sind an mir vorbeigerauscht.

Letzte Woche Sonntag sind Irene und ich nach einem Frühstück beim Jiaozi-, Baozi- und Nudelmann unseres Vertrauens mit der U-Bahn in das gerade angesagteste und westlichste Viertel Beijings gefahren: Sanlitun. Nach einer etwa 30 minütigen Fahrt und einem etwa 20 minütigen Fußmarsch kamen wir ins Sanlitun Village, welches einen über zwei Etagen gehenden Apple Store und den größten Adidas-Laden der Welt beherbergt. Man merkte sofort, dass hier viele westliche Marken angesiedelt sind, da ich fast nur Weiße sah und ein paar neureiche Chinesen. Irene und ich gingen zu einem DVD-Laden und ich ergatterte „King’s Speed“ und „True Grit“. Danach machten wir uns auf den Weg zu einem der für China typischen Märkte, da Irene mit Schuhgröße 39 ein kleines bzw. eher großes Problem in China hat: die meisten Schuhe enden bei Größe 38. Am späten Nachmittag fuhren wir mit der U-Bahn zurück und ich erreichte – nach einem kurzen Abstecher in einem Supermarkt – ziemlich kaputt mein Zimmer, wo meine Mitbewohnerin überraschenderweise mal wieder skypte. Sie teilte mir mit, dass sie sich nicht um das Toiletten- und Badlampenproblem gekümmert hatte, was meine Laune anfing, in den Keller fallen zu lassen. Nachdem dann ihr Skype-Partner anfing, mich von der Seite dumm anzuquatschen, war ich mittlerweile soweit Gewalt anzuwenden… ;) Ich rief meine Eltern an und klagte ihnen mein Leid und beschloss, etwas gegen diese Situation zu ändern. Kurz danach skypte ich mit meinem Lieblingsberliner.

Am Montag war ich emotional immer noch nicht auf der Höhe und brauchte ein paar Stunden für mich und für mehr Schlaf. Daher ging ich nicht zum Unterricht, traf mich aber nachmittags mit Maggie, meiner Sprachpartnerin. Die erste Stunde beschäftigten wir uns mit Chinesisch und hielten einige kleine Konversationen ab, die Stunde danach besprachen wir zunächst, wie sie sich das Englisch lernen vorstellt und welche Erwartungen sie an mich als Sprachpartnerin hat. Ich hatte die Idee, dass wir „King’s Speech“ abschnittsweise gucken könnten, damit sie ihr Gehör für die englische Sprache verbessern könne.
Danach fuhr ich ins CSA Office, um mit David über mein kleines Wohnungsproblem sprechen zu können. Er sagte mir, dass sie BLCU den nächsten Tag anrufen werden, um zu fragen, ob eventuell noch ein Einzelzimmer frei sei.

Dienstag ging ich wieder regulär in den Unterricht und traf mich nachmittags wieder mit Maggie. Der Mittwoch sah so ähnlich aus, nur dass ich mich am späten Nachmittag noch mit Marie aus Finnland traf, die ich eine Woche zuvor beim medical Check-Up kennen gelernt hatte. An diesem Tag und auch am Donnerstag fühlte ich mich etwas einsam im Unterricht, da sich entweder die Leute schon gefunden hatten (ich kam etwas zu spät in die Klasse) bzw. ich mit manchen Leuten nicht richtig kommunizieren kann, da sie kaum Englisch sprechen und ich noch keine richtige Unterhaltung auf Chinesisch führen kann.
Mittwoch erhielt ich von Li Jing eine SMS, dass momentan keine Zimmer mehr frei seien und ich warten müsse… :(

Donnerstagabend ging der Großteil meiner Klasse zusammen mit unserem Lehrer Zhang zum Beijing Duck Essen. Alles in allem war es ein netter Abend und ich merkte, dass ich langsam mehr und mehr Chinesisch verstehe.

Freitag lief vor- und nachmittags wie gehabt ab. Abends traf ich mich wieder mit Marie, nachdem Irene, mit der wir eigentlich weggehen wollte, zu müde war. Ich zeigte ihr ein bisschen von Wudaokou, da sie hier nur zu Uni geht und sich daher kaum auskennt und wir gingen etwas essen.

Samstag war der große Tag gekommen! Es ging zur Großen Mauer. Ein Wander- und wie sich später herausstellte eher Klettertrip mit Übernachtung zum 7.000 km langen Wall. Der Morgen startete eigentlich gut, nur hatte ich wieder das Toilettenproblem, was Mittwoch eigentlich gelöst worden war. Da ich in Zeitnot war, musste ich es dabei belassen und schrieb meine Mitbewohnerin eine Nachricht, das WC nicht zu benutzen und der Rezeption bescheid zu geben.
Am Treffpunkt angekommen, mussten wir alle (insgesamt waren 30 CSA Leute, zwei Mitarbeiter, Freunde von denen, dabei) recht lange warten, da der Bus noch nicht da war. Um kurz vor 10 Uhr ging es los. Irene, Vanessa und ich saßen im Minibus, was sich später für mich als nicht unbedingt die klügste Entscheidung herausstellen sollte. Die Fahrerin oder auch das Fahrzeug, richtig sicher waren wir uns nicht, war nicht die beste/ das beste. Mona, vielleicht kannst du dich noch an Robyn (ich weiß nicht mehr, wie sie geschrieben wird ^^), als sie uns vom Flughafen Christchurch abgeholt hat? Zehn Meter vor der Ampel, die gerade dabei war, rot zu werden, gab sie erst einmal Gas, um dann abrupt abbremsen zu müssen. So ähnlich lief das gestern auch ab. Aber vielleicht lag es auch daran, dass die Gänge im Minibus nicht mehr einwandfrei funktionierten und auch die Bremse hatte schon bessere Tage gesehen. Nach etwa einer halben Stunde merkte ich, wie sich diese Fahrweise auf meinen Magen auswirkte. Mir wurde langsam immer schlechter und ich dachte schon an das schlimmste. Irene zeigte mir dann, wie ich den Druck der Abbremsung ausgleichen konnte. Irgendwann wurde es besser und irgendwann hatten wir auch Beijing hinter uns gelassen. Nach etwa zwei Stunden Fahrt kamen wir ins Gebirge mit wirklich atemberaubender Landschaft! Die Serpentinen waren auch atemberaubend, wenn auch in einem anderen Sinne (zwischendurch fürchtete ich mich um mein Leben!). Die Fahrerin hupte ständig, obwohl kein Auto zu sehen war. Ich vermutete, dass dies als Vorwarnung gedacht war (Achtung, hier komme ich!).
Wir erreichten unseren Ausgangsort, einen Abschnitt der Mauer, der laut Schild für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sei, was die lokale Bevölkerung aber nicht daran gehindert hatte, ein Große-Mauer-Parkplatz-und-Restaurant-Kartell aufzubauen. Wir aßen zu Mittag und bekamen danach, die Schlafsäcke, Matten, und für die, die es brauchten: Zelte und Wanderrucksäcke. Kurz danach ging es los. Der Weg zur Mauer war ziemlich anstrengend und ich dachte schon, dass ich die Mauer selbst nicht packen werde könne, da ich auf dem Blog des CSA-Mitarbeiters Steve, erschreckende Bilder gesehen hatte. ;) Irgendwann konnten wir die Mauer sehen und waren auch nur noch etwa 20 unglaublich steile und rutschige Meter von ihr entfernt. Alex ging voran, ich hinterher, bis wir von unten hörten, dass wir den falschen Weg gegangen seien. Das Herunterkommen war nervenaufreibend! :D
Die Mauer selbst konnten wir an diesem Punkt nur über eine provisorische Leiter erreichen, die nicht allzu vertrauenserweckend aussah und natürlich – man denke an das Kartell! – wurden wir berappt, um den Wall erklimmen zu dürfen. Der Anfang der Mauer sah verdammt steil und schwierig aussah und genauso fühlte es sich auch an. Ich brauchte ab da an noch etwa eine halbe Stunde, bis ich meinen Rhythmus gefunden hatte und etwas schneller gehen konnte. Manche Abschnitte liefen sich wirklich sehr gut, da alles noch gut erhalten war, andere dagegen waren nur über Stock und Stein (viel Bewuchs und viele Steine) zu passieren. Nach etwa drei Stunden kamen wir an den steilsten Aufstieg an, bei dem ich zum ersten Mal meinen Rucksack ablegen musste, da ich sonst die Balance beim Heraufklettern verloren hätte. Die Treppenstufen waren so steil, dass sie eher an Leitersprossen erinnerten.

Beim folgenden Abschnitt danach, passierte der kleinen Tina wieder einmal ein filmreifes Missgeschick, welches für viel Gelächter bei den anderen und für einen Schock für das weibliche Pendant zu Reinhold Messner sorgte. Wir mussten einen letzten steilen Weg hinunter klettern. Der Weg war derart steil, dass ich meinen Rucksack absetzen musste, da ich mit meinen Füßen den Boden nicht erreichen konnte. Da ich den Rucksack nicht auf den Boden legen konnte aufgrund des Höhenunterschieds, ließ ich ihn fallen, mit der Gewissheit – das es nach einem recht stabilen Platz aussah – nichts werde geschehen. Wie ich mich doch täuschte! Der Rucksack-Landeplatz war nicht stabil und mein Wegbegleiter bis dahin hatte auf einmal etwas zu viel Schwung mitbekommen. Er machte sich selbstständig und trudelte hinab, immer um die eigene Achse drehend, und rollte und fiel und rollte wie in Zeitlupe hinab, bis er unten von einem kleinen Haufen Ziegeln gestoppt wurde. Ich war in Sorge, da meine Kamera sich in einem der Außennetze befand und eine der Wasserflaschen herausgefallen war. Olivia, die bereits unten angekommen war, fand meine Kamera – immer noch im Netz! (puuuuuuuh!!!) – und probierte sie so gleich aus. Und tatsächlich funktionierte sie noch! Ich war wirklich sehr erleichtert. Nach diesem oscar-verdächtigen Moment brauchten wir noch etwa 20 Minuten, bis wir endlich unser Nachtlager erreichten.

Abends taten wir nicht mehr allzu viel, außer unser Zelt aufzubauen, zu essen (es war mittlerweile stockdunkel und das um 18.45), kurz dem Lagerfeuer einen Besuch abzustatten und versuchen zu schlafen. Irene, Vanessa und ich gingen schon um 20.irgendwas zu Bett. Doch Irene und ich fanden keinen Schlaf, da wir das Zelt aufgrund des Platzmangels an einem nicht stabilen Ort aufbauen mussten. Wir beide rutschten nach rechts und nach unten. Irgendwann tauschten wir mit Vanessa die Plätze und es wurde besser, dennoch habe ich die ganze Nacht nie länger als eine halbe Stunde am Stück geschlafen und insgesamt bestimmt nicht mehr als zwei Stunden. Um 5 Uhr war die Nacht auch (endlich) wieder zu Ende und während wir unsere sieben Sachen zusammen packten, wurden wir Zeuge eines wirklich schönen Sonnenaufganges. Um 7 Uhr gingen wir hinab ins Tal zurück zu unserem Ausgangsort. Dieser Weg dauerte nur etwa eine halbe Stunde. Wir bekamen ein Frühstück und fuhren zurück nach Beijing.

Es war wirklich eine ganz besondere Erfahrung, die man nur einmal im Leben macht. Es war anstrengend, aber so lohnenswert. Und auch wenn ich immer noch kein Freund von Camping bin, würde ich es bestimmt wieder machen (sofern es nicht unbedingt nächste Woche ist. ;) Der Muskelkater in den Beinen ist unangenehm, aber aushaltbar. :D

Als ich wieder im Wohnheim angekommen war, erreichte mich eine unerfreuliche Nachricht, denn meine Mitbewohnerin hatte sich nicht um das Problem gekümmert und zeigte sich offensichtlich angewidert davon und auch von mir. Momentan (es sind mittlerweile einige Stunden ins Land gezogen) ist sie immer noch… ja, was eigentlich? Sauer? Angeekelt? Empört? Ich weiß es nicht genau. Das Toilettenproblem ist von mir verursacht und es war auch nicht in Ordnung, es so zu lassen, aber ich war wirklich in Eile (zudem hatte ich ihr gesagt, das WC nicht zu benutzen including auch nicht hineinzuschauen…) und sie wusste vorher, dass ich unterwegs sein würde. Um es kurz zu machen: sie hat sich bisher auch einiges geleistet und ich habe mich ihr gegenüber fast immer gleich freundlich verhalten und jetzt ist sie mir gegenüber fast feindlich eingestellt… Das kann ich auf der einen Seite verstehen, aber der anderen Seite aber nicht zu 100 % nachvollziehen. Ich hoffe wirklich, nicht noch bis Januar das Zimmer mit ihr teilen zu müssen.

Morgen werde ich das Klo-Problem noch einmal in Angriff nehmen müssen. Und sonst: business as usual.
Jetzt skype ich mit Mona und werde danach ins Bett gehen.
Habt alle einen guten Start in die kommende Woche!
Tina alias „And-the-Oscar-for-the-best-actrice-goes-to: Pia No“ ;)

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